November 14, 2024

Bodensee als Startup-Region?

Samuel Böhni
Projektleitung BodenseeLinked
Der internationale Wirtschaftsraum um den Bodensee bietet jungen Unternehmen und Startups großes Potenzial. Die vielfältigen lokalen Unterstützungsangebote sollten aber zukünftig stärker vernetzt werden.

Die «AG Entrepreneurship», ein durch den Wissenschaftsverbund gefördertes Projekt, untersucht bereits seit 2022 das Startup-Ökosystem im Bodenseeraum. Den Aufgangspunkt der Untersuchungen bildete die Hypothese, dass in der ländlich geprägten Region ein weniger aktives Gründungsnetzwerk bestehe als in den urbanen Ballungszentren wie Berlin, München oder Zürich. Das Projektteam konnte jedoch aufzeigen, dass sich die Region durch innovative Hochschulen, eine starke Infrastruktur, vielfältige internationale Netzwerke und Förderprogramme auszeichnet, die darauf abzielen, neue Ideen und nachhaltige Geschäftsmodelle zu fördern. Innerhalb des Forschungsprojekts wurden über 100 regionale Initiativen und Organisationen identifiziert, die junge Unternehmen vor, während und nach der Gründungsphase unterstützen. Den angehenden Entrepreneur*innen werden durch diese Initiativen jährlich mehr als 300 Events angeboten, an denen sie sich nicht nur vernetzen, sondern auch direkte Unterstützung oder Wissen erhalten können. Diese vielfältigen Angebote sind den Gründerteams aber oft nicht bekannt und eine rasche Orientierung wird insbesondere durch länderspezifische Einschränkungen erschwert.

Was fehlt dem Startup-Ökosystem?

Das Startup-Ökosystem im Bodenseeraum kann damit als sehr aktiv und gesund bezeichnet werden. Der grenzüberschreitende Aspekt kann für Neugründungen aber eine Herausforderung darstellen, da unterschiedliche regulatorische und steuerliche Anforderungen in den verschiedenen Ländern bestehen. Auch die Förderung und Vernetzung von Startups über die Landesgrenzen hinweg gestaltet sich aufgrund nationaler Förderprogramme und länderspezifischer Anforderungen oft schwierig. Die Schwachstelle des Ökosystems muss deshalb in der Vernetzung und der Bekanntmachung der Initiativen und Events verortet werden. Durch die Ländergrenzen in der Bodenseeregion fehlen übergeordnete Koordinationsmechanismen und Organisationen, welche die Angebote neutral positionieren und fördern. Mit der durch das Projekt im November 2024 lancierten digitalen Plattform BodenseeLinked.com soll diese Lücke geschlossen werden. Auf der Plattform können sich gründungswillige Personen gegenseitig oder mit bereits bestehenden Initiativen verknüpfen und sich systematisch einen Überblick über die Initiativen und Events in der Region verschaffen. Ziel der Plattform ist es damit, das Unternehmertum über die Grenzen hinweg zu stärken und die Region als Inkubator für innovative Projekte zu etablieren.

BodenseeLinked.com bietet eine Plattform für bestehende Initiativen und Events. Daneben sollen grenzübergreifende und virtuelle Networking-Möglichkeiten geschaffen werden um Gründungswillige und mögliche Partner der Initiativen rasch miteinander zu vernetzen. Eine Co-Matching-Funktion soll insbesondere Studierende verschiedener Hochschulen ermöglichen, an gemeinsamen Startup-Ideen arbeiten zu können.

Wieso ist die Vernetzung der Hochschulen zentral?

Auch die Hochschulen im Bodenseeraum betreiben eine Vielzahl von Initiativen um die eigenen Studierenden bei unternehmerischen Ideen und Projekten zu unterstützen. Insbesondere die Wirtschaftshochschulen bieten gründungsinteressierten Studierenden bereits seit einigen Jahren Coaching- und Mentoring-Programme an. Diese Angebote stehen dabei aber meist nur den eigenen Studierenden offen oder sind nur lokal bekannt. Auch sind manche Angebote der Gründungszentren durch die bestehenden studentischen Initiativen nicht voll ausgelastet, und viele dieser Initiativen beschränken sich auf Produktideen im technischen oder betriebswirtschaftlichen Kontext – so gibt es ein weites Spektrum an ungenutztem Potential. Studierenden an den pädagogischen Hochschulen oder aus eher betriebswirtschaftsfernen Studiengängen (wie z.B. der Sozialen Arbeit oder der Kunst) stehen dagegen meist kaum Förderangebote zur Verfügung, bzw. Informationen dazu, und so werden mögliche sozial-oritentierte Innovationen und Gründungen noch zu wenig unterstützt. An dieser Stelle könnten alle Hochschulen von einer verstärkten Zusammenarbeit und einer gegenseitigen Öffnung der Angebote profitieren.

Bei dieser engeren Kooperation in der Vierländerregion setzten die projektbeteiligten Hochschulen des Wissenschaftsverbunds mit der Initiierung der «AG Entrepreneurship» im Sommer 2022 an. Insbesondere die internationale Vernetzung der Hochschulangebote soll in den nächsten Jahren noch weiter verstärkt werden. Langfristig orientierte Kooperationen zwischen Universitäten, Forschungszentren und Unternehmen können die Grundlage für ein fruchtbares Innovationsklima bilden, in dem sich Entrepreneur*innen stärker entfalten und ihre Energie auf den eigentlich Fokus ihrer Gründungen und Start-Ups richten könne. In das Netzwerk integriert werden sollen aber nicht nur wirtschaftlich und technisch orientierte Hochschulen, sondern auch Partner, die soziale Innovationen initiieren oder durch eine gezielte pädagogische Ausbildung das Entrepreneurship-Mindset bereits bei jungen Menschen wecken können. Insbesondere in der Ausbildung von Verantwortlichen in sozialen Institutionen soll das unternehmerische Denken stärker verankert werden und Mitarbeitende zu Intrapreneur*innen – also Entrepreneur*innen innerhalb des Betriebs – entwickelt werden. Dazu soll in den nächsten Jahren eine regional verankerte Weiterbildung im Bereich des Social Entrepreneurships geschaffen werden.

Wie profitiert die Region?

Ein nachhaltiger Aufbau neuer Startups kann langfristig zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Stärkung der lokalen Wirtschaft und zur Förderung sozialer Innovationen beitragen. Durch die Stärkung des Unternehmertums und die Förderung nachhaltiger, innovativer Geschäftsmodelle kann BodenseeLinked.com und die Ausbildung in Social Entrepreneurship zur wirtschaftlichen Resilienz und zum ökologischen und sozialen Fortschritt im Bodenseeraum beitragen. Mit einem klaren Fokus auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit positioniert sich der Bodenseeraum als Vorreiter in Sachen europäischer Kooperation und Innovationsförderung. Die durch das Projekt initiierten Angebote tragen deshalb dazu bei, die Region als attraktiven Standort für kreative Köpfe und innovative Ideen zu etablieren.

Folgende W4-Hochschulen sind am Projekt BodenseeLinked / AG Entrepreneurship beteiligt:

OST - Ostschweizer Fachhochschule

Hochschule Kempten

Universität Konstanz

Zeppelin Universität Friedrichshafen

RWU - Hochschule Ravensburg-Weingarten

Hochschule Konstanz HTWG

Zürcher Hochschule der Künste ZHdK

Fachhochschule Vorarlberg GmbH

Universität Liechtenstein

Pädagogische Hochschule Weingarten

Universität St.Gallen

Bildnachweise:

Adobe Stock; Samuel Böhni

No items found.

Ähnliche Beiträge