Marktstand, Rednerbühne, Workshopraum, Ausstellungsfläche – und Solarkraftwerk: Es ist erstaunlich, was sich in einer Kiste, die auf einem Fahrradanhänger fixiert ist, transportieren lässt. TransferRad nennt sich dieses Raumwunder. Entwickelt und gebaut hat es ein Team der Universität Konstanz, der Hochschule Konstanz für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) und der Pädagogischen Hochschule Thurgau.
Mit Hilfe der Multifunktionsbox können Mitglieder der beteiligten Hochschulen innovative Szenarien der Wissensvermittlung umsetzen, ungewöhnliche Orte bespielen und neue Zielgruppen erreichen. Entstanden ist das TransferRad im Rahmen eines Projekts des Wissenschaftsverbunds Vierländerregion Bodensee.
„Wir sehen uns in der Pflicht, auf die Bürger*innen zuzugehen“, betonte Rüdiger Wilhelmi, Prorektor für Lehre an der Universität Konstanz, anlässlich der Vorstellung des TransferRads auf dem Universitätscampus. „Das TransferRad ist ein tolles neues Instrument, um zum Beispiel auch auf Stadtfesten oder Märkten Präsenz zu zeigen. Zugleich ist es buchstäblich ein Vehikel, um die ohnehin schon gute Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen weiter zu verbessern – und dies nachhaltig und kostengünstig.“
Albert Kümmel-Schnur vom Team Transfer in der Lehre der Universität Konstanz hatte die Idee zu dem Projekt. Auf der Suche nach der notwendigen Maschinenbau-Kompetenz stieß er auf Michael Froehlich, Professor im Fachbereich Connected Car Services der HTWG, der mit einem studentischen Team eine Art Vorläufer des TransferRads realisiert hatte. Gemeinsam mit drei Studierenden fertigte er die Konstruktionsskizzen an, die von den Wissenschaftlichen Werkstätten der Universität Konstanz umgesetzt wurde. „Eine großartige Leistung“, lobte Froehlich bei der Präsentation deren Engagement bei der aufwendigen Umsetzung des außergewöhnlichen Auftrags. Die gesamte Konstruktion wurde von Mitarbeiter*innen der Werkstätten aus Skizzen und einem Prototypen aus Pappe entwickelt, wobei sie Fragen der Gewichtsersparnis und Kosten stets im Blick behalten mussten.
Und so sieht das TransferRad im Detail aus: Die gut 200 Kilogramm schwere Alukiste bietet Stauraum für ein 4x6 Meter großes Zelt mit optionalen Seitenwänden, zwei höhensstellverstellbare Tische sowie Kisten für Lehrmaterialien, die zugleich als Hocker genutzt werden können. Für eine autarke Energieversorgung sorgen drei Solarpaneelen, die in Kombination mit dem ebenfalls integrierten Akku eine Nutzungsdauer von ungefähr einem Tag ermöglichen. Gut 30 Minuten dauert der Auf- bzw. Abbau. Für den Transport wird die Kiste auf einem Anhänger fixiert, der über einen Elektromotor verfügt und ein E-Bike unterstützt.
Das didaktische Konzept des TransferRads hat Alex Bürgisser, Dozent für Medien und Informatik an der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG), entwickelt. Im Rahmen eines spontanen Brainstormings demonstrierte er, welch ungewöhnliche Nutzungsszenarien das Konstrukt erlaubt: sei es in der Bildung für nachhaltige Entwicklung, der Förderung der sogenannten 21st Century Skills oder der Entwicklung von Zukunftsszenarien. „Ich bin mir sicher, dass die Nutzer*innen der Praxis noch viele Ideen hinzufügen werden“, erklärte Bürgisser.
Die Auftaktfahrt führte das TransferRad zum Campus der HTWG im Konstanzer Stadtteil Paradies, wo Präsidentin Sabine Rein es als „schönes Beispiel für die Zusammenarbeit über fachliche und organisatorische Grenzen hinweg“ begrüßte. „Wir sind als HTWG sehr international aufgestellt. Darunter verstehen wir aber nicht nur unsere Engagements in Asien, Afrika, Lateinamerika oder Osteuropa. Natürlich ist uns auch die Kooperation in der Region ein Herzensanliegen“, so Rein, die auch Vorstandsmitglied des Wissenschaftsverbunds Vierländerregion Bodensee ist.
Der Verbund, dem 25 Hochschulen aus Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, Österreich und der Schweiz angehören, finanziert das Projekt mit Mitteln des Interreg VI-Programms "Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein" sowie Mitteln der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) und hat den gesamten Entstehungsprozess unterstützt. Darauf aufbauend steht nun bis Ende 2025 die Entwicklung und Erprobung von Einsatzszenarien des Rads im Fokus. Auch diese Projektphase wird unterstützt und begleitet vom Wissenschaftsverbund.
„Wir freuen uns sehr über die gelungene Zusammenarbeit und Konstruktion des Rads. In der weiteren Förderung bis 2025 sind wir gespannt auf die konkrete Nutzung und den Beitrag des Projekts zu einem erweiterten Spektrum von Transferformaten. Die bereits entstandenen Synergien mit anderen Projekten zeigen schon jetzt das Potenzial für den Einsatz des TransferRads in allen Hochschulen des Verbunds“, ergänzt Alexandra Hassler, stellvertretende Geschäftsführerin des Wissenschaftsverbunds.
Stationiert wird das TransferRad auf dem Campus der HTWG. Dort können es alle Mitglieder der beteiligten Hochschulen ab sofort ausleihen – demnächst auch über eine Online-Ausleihfunktion. Eine eigene Webseite dafür wird derzeit programmiert. Auf der Website des Teams Transfer in der Lehre der Universität Konstanz finden Sie weitere Informationen zur Nutzung und Ausleihe.
Bildnachweis: Universität Konstanz / Jürgen Graf